Einmal quer durch die USA: Wisconsin [Teil II] | Ganz viel Bier & Käse Einmal quer durch die USA: Wisconsin [Teil II] | Ganz viel Bier & Käse

Einmal quer durch die USA: Wisconsin [Teil II]

Peanut Butter! Harvard! Apple Pie! Allen Unkenrufen zum Trotz schauen die USA auf einen Fundus an Werten zurück, nach denen sich andere Nationen die Finger lecken würden.

In unserer USA-Reihe gehen wir eben diesen American Values auf den Grund. Jede Woche nehmen wir einen US-Staat unter die Lupe und beleuchten seine Besonderheiten. Nachdem wir unsere Reihe letzte Woche mit dem Staat Arizona starteten, ist diesmal Wisconsin an der Reihe. Und…es wird überraschend deutsch.

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„Ja, das steht da wirklich auf dem Ortsschild“

Kronenwetter. Humboldt. Eisenstein. Wittenberg. Nein, wir fahren hier nicht mit dem Auto durch Bayern, sondern durch Wisconsin. Das sind nämlich nur ein paar der Namen, die man in dem Staat auf Ortseingangsschildern zu Gesicht bekommt. Das wirkt ziemlich deutsch. Aber warum? Warum tragen hier, mehr als 7000 Kilometer von der deutschen Hauptstadt Berlin entfernt, nicht wenige Orte Namen, die ganz und gar nicht an Peanut Butter denken lassen, sondern vielmehr an Sauerkraut und Bratwurst? Um das zu verstehen, lohnt eine kleine Zeitreise.

Bis heute sind die USA ein Einwanderungsland. Als die Nation noch jung war, erlebte sie jedoch einen regelrechten Einwanderungsboom. Viele Europäer witterten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ihre große Chance – ganz von vorn anfangen, ohne Vorbehalte, ohne Einschränkungen. Die Ärmel hochkrempeln, anpacken, der American Dream.

Die USA-Flagge | Rabatte Coupons

Zupacken, anpacken, durchstarten: Das ist der „American Dream“ 
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Zupacken, anpacken, durchstarten: Die Deutschen und der „American Dream“

Die Deutschen zog es zwischen Anfang und Ende des 19. Jahrhunderts in Form von drei großen Wellen in die USA. Die erste Welle erfolgte 1817. Deutsche Landwirte waren gebeutelt von schlechten Ernten, was die Getreidepreise steigen ließ und in einer regelrechten Hungersnot resultierte.

Die Welle Nummer zwei setzte dann um 1850 ein, kurz nach der gescheiterten Deutschen Revolution. Nicht wenige waren desillusioniert, fühlten sich in ihren Rechten beeinträchtigt, schlichtweg nicht „frei“. Und welches Land verkörperte das Prinzip des freien und demokratischen Menschen wohl mehr, als die USA? Die gigantische Zahl von 250.000 Deutschen zog es so allein 1854 ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Noch einmal 30 Jahre später, circa 1880, schwappte dann die dritte große Einwanderungswelle der Deutschen in die USA herüber.

Fähre im Hafen | Rabatte Coupons

Mit großen Fähren wie dieser wagte man sich damals über den Atlantik
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Wisconsins Ackerland: Weit, sattgrün und erschwinglich

Dass die Deutschen dabei ausgerechnet Wisconsin ins Auge fassten, lag auf der Hand. Der Staat, nördlich an den Oberen See und östlich an den Michigansee grenzend, versprach fruchtbares Ackerland, das nur darauf wartete, bewirtschaftet zu werden. Wer also mit dem Dampfer an der US-amerikanischen Ostküste in Orten wie New York City ankam, machte sich als Deutscher gleich auf, um noch ein Stückchen weiter in den Mittleren Westen zu reisen. Dort war das Land weit, sattgrün und vor allem erschwinglich.

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„Man sollte jeden in Deutschland überflüssigen Tagelöhner hierher wünschen“

Dazu trugen auch Briefe in die Heimat bei, die Pioniere wie der Rheinhesse Franz Neukirch verfassten. Diesen zog es 1839 nach Wisconsin. Er berichtete von seiner Farm, direkt neben einem nicht dicht bewachsenen und fruchtbaren Wald, dazu unzählige Wildfrüchte und Fische in Wisconsins Gewässern.

Der Kontakt mit den anderen Ortsansässigen sei sehr freundschaftlich, außerdem baue man fleißig Kirchen, Schulen und Straßen. Sein Fazit: „Unter diesen Verhältnissen sollte man jeden armen und in Deutschland überflüssigen Tagelöhner hierher wünschen, wo die meisten Deutschen ihr Land in kurzer Zeit mit der Hand verdient und sich so eine unabhängige und sorgenfreie Existenz errungen haben.“ Logisch, dass da viele Deutsche gerne die Reisestrapazen auf sich nahmen, um in der neuen Heimat das große Glück zu suchen. Und hoffentlich zu finden.

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„Let’s have a Schlitz“: Deutsche Auswanderer und die Kunst des Bierbrauens

Was bauten die deutschen Einwanderer in Wisconsin an? Zuvorderst natürlich das, was sie für ihr Lieblingsgetränk brauchten: Hopfen, Gerste und allerlei Getreide! Friedrich Müller zog es 1854 aus dem württembergischen Riedlingen in die USA. 1855, nun unter dem Namen Frederick Miller, gründete er die Miller-Brauerei. Bis heute ist Miller eines der beliebtesten Biere in den USA.

Doch sollte Miller längst nicht die einzige Brauerei sein, die deutsche Auswanderer damals im Mittleren Westen gründeten:

  • Stroh Brewing Company (gegründet 1850 von Bernhard Stroh)
  • Pabst Brewing Company (gegründet 1844 von Jacob Best, 1889 benannt nach Frederick Pabst)
  • Joseph Schlitz Brewing Company (gegründet 1849 von Joseph Schlitz)
  • Schaefer Brewing Company (gegründet 1842 von Frederick und Maximilian Schaefer)
  • Valentin Blatz Brewing Company (gegründet 1851 von Valentin Blatz)
Ein Glas Bier | Rabatte Coupons

Deutsche Auswanderer gründeten in Wisconsin zahlreiche Brauereien
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„Germanness“ wohin man schaut

So ist es auch nicht verwunderlich, dass heute gut 40 Prozent der Einwohner Wisconsins angeben, von Deutschen abzustammen. Diese Germanness ist in Wisconsin an vielen Straßenecken spürbar. Es gibt haufenweise deutsche Restaurants, das alljährliche Germanfest in Milwaukee und natürlich zahlreiche Inkarnationen des Oktoberfests. 1856 eröffnete in Wisconsin der erste Kindergarten der USA – gegründet von Margarethe Meyer, Ehefrau des deutschen Auswanderes Carl Schurz. Dieser war nicht nur das erste Mitglied des US-Senats, welches ursprünglich in Deutschland zur Welt kam, sondern von 1877 bis 1891 US-amerikanischer Innenminister unter Präsident Rutherford B. Hayes.

Herzen am Oktoberfest | Rabatte Coupons

In Wisconsin gibt es zahlreiche Oktoberfeste
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Freiheitskraut statt Sauerkraut: Antideutsche Stimmung

Fast schon ironisch mutet es da an, dass es auch Phasen gab, während denen alles Deutsche in Wisconsin regelrecht verpönt war. Denn als der Erste Weltkrieg tobte, griff antideutsche Stimmung um sich. Auf Wisconsins Straßen, auf denen zuvor noch sehr gern und nicht selten Deutsch miteinander gesprochen wurde, hörte man kaum noch ein deutsches Wort. In den Schulen verschwand Deutsch vom Lehrplan, und Clubs, die deutsche Begriffe im Namen trugen, gaben sich quasi über Nacht neue Namen. Alles im Sinne des US-amerikanischen Patriotismus. Selbst das Sauerkraut erhielt einen Stars-and-Stripes-Anstrich und wurde von nun an Liberty Cabbage, also Freiheitskraut, genannt.

Gerade, als sich alles normalisierte und man in Wisconsin wieder gefahrlos deutsch sein durfte, brach der Zweite Weltkrieg aus. Vielleicht sogar noch stärker als während des Ersten Weltkrieges war es nun regelrecht gefährlich, seine deutschen Wurzeln zu zeigen. Stattdessen galt es, dem US-Patriotismus zu frönen – also Hotdogs, Baseball, Captain America. Aber doch bitte nichts von den Krauts.

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Phasenweise hat man seine deutschen Wurzeln in Wisconsin lieber verheimlicht
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„Man ist lieber Deutscher als Franzose oder Engländer“

Heute stellt sich die Situation anders dar. Wer in Wisconsin lebt und weiß, dass er deutsche Wurzeln hat, bekennt sich gern zu diesen. Dazu Lavern Rippley, der mehr als 50 Jahre als Professor of German am St. Olaf College in Northfield, Minnesota, tätig war: „[Heute] interessieren sich viele für ihre Vergangenheit. Und interessanterweise ist man immer stolz darauf, wenn man deutsche Vorfahren hat. Der Stand der Deutschen heute ist sehr stark und positiv. Man ist lieber Deutscher als Franzose oder Engländer; man ist stolz darauf, Norweger oder Schwede zu sein, am besten aber ist es, deutsch zu sein. Das ist schon enorm. […] Das Land hat wirtschaftlichen Erfolg, dazu die Musik, zum Teil die Literatur.“

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Die Bratwurst: Irgendwie auch ein deutsches Kulturgut
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Ein Rückzugsort für Großstädter: Grillen auf der Farm, Angeln an tausenden von Seen

Wisconsin ist geprägt von seiner Ländlichkeit. Wie schon erwähnt, verfügt der Staat über vergleichsweise viele Naturlandschaften. Es gibt mehr als 15.000 Seen, dazu besteht fast die Hälfte der gesamten Fläche Wisconsins aus Wäldern. Diese Ländlichkeit lässt sich durch ein kleines Zahlenspiel untermauern. Wisconsin ist mit 170.000 Quadratkilometern etwa fünf Mal so groß wie Nordrhein-Westfalen. Nordrhein-Westfalen hat fast 18 Millionen Einwohner, Wisconsin aber gerade mal 5,7 Millionen. Die Einwohnerdichte ist dadurch sehr niedrig, auf einen Quadratkilometer kommen gerade mal 34 Einwohner.

Infolgedessen ist Wisconsin ein beliebtes Ausflugs- und Urlaubsziel für Leute aus Großstädten der umliegenden US-Staaten. Einwohner aus Chicago (Illinois) und Indianapolis (Indiana) schätzen die Abgeschiedenheit und Beschaulichkeit Wisconsins. Sei es nur übers Wochenende oder für mehrere Tage – man kommt gern her, um abseits des Großstadttrubels zu angeln oder auf einer Farm mit Freunden ein Barbecue zu genießen.

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Echte „Cheeseheads“: Wisconsin ist verrückt nach Käse

Die schon erwähnte Bedeutung von Bier in Wisconsin soll nicht verdecken, dass der Staat noch für etwas anderes weltbekannt ist. Viele der europäischen Einwanderer pflanzten nicht nur Getreide an, sondern widmeten sich auch der Aufzucht von Kühen. Was war (und ist) also reichlich vorhanden? Natürlich, Milch! Wisconsins Spitzname lautet daher America’s Dairyland, denn es ist der US-Staat mit den meisten Molkereien (dairies). Mit einem Augenzwinkern bezeichnen sich die Einwohner Wisconsins daher selbst auch als Cheeseheads (Käseköpfe). Fans des Footballteams aus Green Bay, den Green Bay Packers, nehmen diesen Spitznamen wörtlich: Sie setzen sich gerne riesige Hüte auf, die in Form und Farbe einem Stück Käse nachempfunden sind.

Mehr als ein Viertel des in den USA hergestellten Käses stammt aus Wisconsin. Auf eine bestimmte Käsesorte festgelegt ist der Staat dabei nicht. Wenn ihr durch Wisconsin schlendert, stoßt ihr sowohl auf Mozzarella, Romano, Brie, Blauschimmelkäse und Camembert als auch auf ursprünglich nordeuropäische Käsesorten wie Havarti, Muenster und Juustoleipa.

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Swiss Cheese: Auch die Schweizer haben Spuren hinterlassen

Hier erkennt man übrigens auch, dass die Schweizer in Wisconsin ihre Spuren hinterlassen haben. Zwar zog es damals vergleichsweise wenig Eidgenossen in die USA (zwischen 1850 und 1950 waren es „nur“ 293.000 Auswanderer). Viele von ihnen wählten damals als neue Heimat die kleine Stadt Monroe. Heute steigt dort jedes Jahr das Cheesefestival – und das gleich über drei Tage. Gut 100.000 Menschen zieht die Veranstaltung jedes Jahr in ihren Bann, während die Einheimischen Schweizer Trachten und natürlich Swiss Cheese ins Zentrum stellen. So nennt man in Wisconsin nämlich DEN Schweizer Käse schlechthin, und zwar den Emmentaler.

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Wisconsin Originals: Cupola, Colby und Marbled Blue-Jack

Obgleich sich der Käse in Wisconsin also überaus vielseitig und von Europa beeinflusst zeigt, gibt es ein paar nennenswerte Wisconsin Originals:

Cupola: Ein halbfester Schnittkäse von Red Barn Family Farms, einem Zusammenschluss von acht Familien-Molkereien aus Appleton. Der Name bezieht sich auf die Bezeichnung für die kleinen hölzernen Dachspitzen, die sich an den Scheunen auf Wisconsins Bauernhöfen befinden. Diese nennt man Cupolas.

Cheddar: Cheddar gilt als DER Käse der USA. Er zeichnet sich durch eine intensive, orangefarbene Optik und einen würzigen Geschmack aus. Besonders hervorzuheben ist hier der sogenannte Colby. Diesen entwickelten Wiconsins Käsemeister aus der gleichnamigen Stadt im späten 19. Jahrhundert. Er ist etwas milder als der „normale“ Cheddar. Cheddar und Colby müssen über gute Schmelzeigenschaften verfügen, denn man verwendet sie für Gerichte wie Macaroni and Cheese oder für gegrillte Sandwiches.

Marbled Blue-Jack: Er sticht optisch hervor, denn er verfügt über eine schwarz-graue Marmorierung. Wie auch ein guter Cheddar ist er highly meltable, denn Wisconsinites verwenden den Marbled Blue-Jack gern als Hamburger-Zutat. Geschmacklich ist er einer der eher milden Blauschimmelkäse.

Ein Cheeseburger | Rabatte Coupons

Echter Wisconsin-Käse muss über gute Schmelzeigenschaften verfügen
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Mehr als 250 Sorten und 1,8 Millionen Kühe: Proudly Wisconsin Cheese

Diese Käsevielfalt, nämlich mehr als 250 Sorten, haben wir rund 1,8 Millionen Kühen auf den sattgrünen Wiesen Wisconsins zu verdanken. Solltet ihr mal wieder an der Käsetheke stehen, dann denkt nicht nur an die üblichen Käsesorten aus Europa. Wenn sich die Chance bieten sollte, können wir euch nur wärmstens empfehlen, zu echtem Wisconsin Cheese zu greifen. Und zwar gerade dann, wenn ihr auf der Suche nach einem Käse seid, der beim Überbacken und als geschmolzenes Topping eine gute Figur macht. Hier findet ihr eine Übersicht aller Sorten, für die Wisconsin bekannt ist. Es ist übrigens nur dann echter Wisconsin Cheese, wenn er das Label Proudly Wisconsin Cheese trägt.

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That’s all, folks. For now.

Wisconsin im Kurzportrait

Abschließend hier noch ein paar wissenswerte Fakten zu Wisconsin:

  • Einwohnerzahl: ca. 5,7 Millionen
  • Fläche: ca. 170.000 Quadratkilometer (Rang 23 von 50)
  • Hauptstadt: Madison (ca. 252.000 Einwohner)
  • Höchster Punkt: Timms Hill (595 Meter)
  • Staatsmotto: Forward (zu Deutsch: Vorwärts)
  • Spitznamen: Badger State, America’s Dairyland (beide inoffiziell)
  • US-Staat seit: 29. Mai 1848
Flüsse und Wiesen in Wisconsin | Rabatte Coupons

Eine typische Landschaft in Wisconsin
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Funfacts über Wisconsin: Hättet ihr’s gewusst?

Don’t mess around with our cheese! Wisconsin ist nicht nur der einzige US-Staat, in dem man den offiziellen Titel Master Cheesemaker erlangen kann. Es ist sogar gesetzlich vorgeschrieben, dass bei jeder Art der kommerziellen Käseherstellung ein lizensierter Cheesemaker involviert sein muss.

Wisconsins Hauptstadt ist Madison. Mit etwa 252.000 Einwohnern ist Madison wahrlich keine kleine Stadt. Dennoch ist die Einwohnerzahl noch nicht mal halb so hoch wie jene von Milwaukee. Dort leben gut 594.000 Menschen, was Milwaukee eindeutig zur größten Stadt Wisconsins macht.

Zwei der bekanntesten US-amerikanischen Sitcoms überhaupt spielen in Wisconsin. Happy Days (ABC, 1974 bis 1984) spielt in Milwaukee, Die wilden 70er (Fox, 1998 bis 2006) im fiktiven Wisconsin-Ort Point Place. Übrigens zeigt sich auch an den Namen der Charaktere dieser beiden Serien, dass viele Menschen in Wisconsin deutsche Wurzeln haben. In Happy Days tragen einige Figuren die Nachnamen Weber und Pfister, in Die wilden Siebziger gibt es Figuren mit den Nachnamen Forman und Burkart.